Sie war dann mal weg …

Als ich mich Stunden später losreißen konnte, bereute ich bereits, was ich getan hatte …

Ich hörte immer wieder Geschichten von Pilgern, die dies oder jenes taten und immer wieder fiel ein Name. Ich hatte keine Ahnung, dass man über ihn sprach, bis ich etwa 300 Kilometer Fußweg hinter mir hatte.

Ich buchte mich in die größte Herberge der Stadt ein, einige meiner Pilgerfreunde waren auch schon da. Es war eine laue Sommernacht, wir waren lange gesellig auf der Terrasse und tranken Wein. Auch dieser Kerl war dabei, ich hatte mittlerweile aber das Bedürfnis abgelegt, mit ihm zu sprechen. Wer so blöd zu mir ist, hat meine Aufmerksamkeit nicht verdient!

Und doch musste ich ihn immer wieder ansehen: Er war einfach besonders. Irgendetwas hat in dieser Nacht seine Aufmerksamkeit auf mich gelenkt und er entschuldigte sich für die Begegnungen davor. Wir redeten viel und ich erzählte einem wildfremden Mann, was mich umtreibt. Wir stellten viele Parallelen fest und waren uns sofort vertraut.

Als ich mich Stunden später losreißen konnte, bereute ich bereits, was ich getan hatte … Ich war nun ein offenes Buch für ihn. Ich schlief furchtbar schlecht und am Morgen darauf fühlte ich mich wie ausgekotzt. Ich wollte keinen Menschen sehen, erst recht nicht ihn. Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit mir.

Der erste Mensch, den ich an diesem Morgen sah, nachdem ich meinen Rucksack gesattelt und die Wanderschuhe geschnürt hatte, war er. Er strahlte mit der aufgehenden Sonne um die Wette und wich nicht von meiner Seite. Von diesem Tag an gingen wir Seite an Seite in Richtung Santiago und das Ende der Welt.

Ich spürte schnell, dass zwischen uns etwas Besonderes war, auch alle um uns herum waren sich sicher, das muss was Großes sein. Wir verbrachten Tag und Nacht zusammen, oft schlief er einfach nur im Bett neben mir und hielt mich fest … Wir hielten Händchen, lachten, hatten Sex: Wir führten eine Beziehung.


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