Ich schäme mich so sehr

Heute erscheint es mir, als hätte ich mich damals ergeben, mich passiv hingegeben, seinem völlig ungebremsten Begehren, das fünf Stufen auf einmal nahm. Da sind Dünen, sagte er, seine Hände bereits auf meinen Brüsten. Da sind Dünen, heute klingt dieser Satz für mich völlig absurd. Aber an diesem Tag gingen wir wirklich in diese Dünen. Er war auf mir und in mir. Diese Verblüffung, diese Verwunderung, die ich in diesen Momenten wohl empfand, und diese passive, matte Wut über sein Tempo, sein Scheißen auf meine Zustimmung, diese Unsensibilität und zugleich dieses ehrliche, nackte Begehren, in dem kein Zweifel war – langsam wich das alles einem unglaublichen eigenen Begehren und Ekelgefühl, beides gleichzeitig.

Er tat, was er tun wollte, nahm sich, was ihn befriedigte, und ich gab ihm das und klammerte mich an ihn, zerkratzte ihm den Rücken, drückte meine Nägel in seine Haut, als könne ich dadurch in eine andere Schicht von ihm vorstoßen.

Danach gingen wir zurück ins Hotel. Das Meer rauschte, der Himmel war sternenklar. Er hielt jetzt meine Hand. Keiner von uns sagte etwas.

Im Hotel angekommen, sagte er zu mir, dass er am nächsten Tag abreise. Etwas in mir zog sich zusammen. Ich fragte, wann. Nach dem Frühstück, sagte er. Es hatte etwas begonnen, mit dem ich nicht gerechnet hatte, von dem ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, ob es mir zuwider war oder schön. Ich wusste nicht, ob mir seine Bestimmtheit vielleicht sogar gefallen hatte oder ob ich ihn verachtete. Seine Ankündigung ließ mich aber fühlen, als sei ich eine …

Ich wollte mit zu ihm ins Zimmer, zu ihm ins Bett, die Nacht mit ihm verbringen. Ich weiß gar nicht, warum. Vielleicht einfach nur, weil das am Strand geschehen war und ich kein Objekt sein wollte. Eine Stimme in mir sagte mir, dass ich das wollen soll. Ich sagte es ihm und er antwortete, er sei müde, er müsse noch packen. Ich fragte nach seiner Nummer und er zögerte, bevor er mir schließlich ein paar Ziffern auf den Hotelblock in seinem Zimmer schrieb. Ich stand währenddessen wie erstarrt in der halboffenen Tür und wagte es nicht, die Schwelle zu übertreten, zu ihm zu gehen, die Tür hinter mir zu schließen. Er reichte mir den Zettel und küsste mich auf die Wange. Gute Nacht, sagte er und schloss die Tür.


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