Früher süßer Traum, heute erschreckender Albtraum

Als Kind hat unsere anonyme beziehungsweise-Leserin gehört, dass alle Wunden irgendwann verheilen. Doch was, wenn sich diese Lebensweisheit nicht bewahrheiten will?

Es ist jetzt sechs Jahre her, dass ich dich kennenlernte. Was danach geschah, versuche ich immer noch zu verstehen oder wenigstens ansatzweise zu erfassen, doch es gelingt mir nicht. Ich war damals sehr jung, du warst meine erste große Liebe. Die Intensität an Gefühlen, die ich für dich hatte, lässt sich eigentlich nicht in Worte fassen, aber ich versuche es trotzdem.

Du warst als Mensch absolut einzigartig, einfach alles an dir war besonders. Dein Lachen, deine vielsagenden Blicke, dein Duft, deine Tiefgründigkeit, deine Aura, deine Schönheit. Wenn du einen Raum betratest, waren stets alle Blicke auf dich gerichtet. Vielleicht, weil du immer aussahst, als wärst du gerade einem Mode-Blog entsprungen. Wenn du mich ansahst, war es so, als würdest du in die tiefsten Tiefen meiner Seele blicken.

Ich habe dir vertraut

Ich hätte Stunden und Tage damit verbringen können, dich einfach nur anzusehen. Deine Berührungen brannten sich regelrecht in meine Haut ein, ich habe noch lange Zeit später spüren können, wo du mit deinen Händen warst. Und das Wichtigste: Ich habe dir vertraut. Es war jenes, sicherlich etwas naive, hundertprozentige Vertrauen, dass du mich niemals enttäuschen wirst.

Du warst der Mensch, der mich immer verstanden hat. Ich konnte auch spätnachts noch vor deiner Tür stehen und du hast mich einfach in den Arm genommen, meine Tränen weggewischt und nichts gesagt oder gefragt, du warst einfach für mich da, als ich dich gebraucht habe. Und dann, irgendwann, hörte das auf. Ich hatte nicht nur den Mann verloren, den ich geliebt habe, sondern auch meinen besten Freund und meinen Halt.

Seitdem du weg bist, habe ich mich weiterentwickelt, manche sagen, dass ich jetzt ein komplett anderer Mensch bin. Doch in regelmäßigen Abständen erscheinst du mir im Traum. Es sind immer unterschiedliche Begegnungen und doch enden sie alle gleich: Mit den Worten: „Ich glaube, wir sollten mal reden.“ Mal kommen sie von mir, mal von dir.

Seit du weg bist, bin ich ein anderer Mensch

Die Träume begannen recht harmlos und wurden dann immer intensiver, bis ich nachts schweißgebadet und unter Tränen hochschreckte und nicht mehr einschlafen konnte. Das ist keine Liebe mehr, das ist ein immer wiederkehrender Albtraum, aus dem ich nicht mehr aufwache. Was will mir mein Unterbewusstsein mitteilen?

Ich habe letztens etwas von einem „uneindeutigen Verlust“ gehört: Wenn man jemanden nicht durch den Tod verliert, er aber trotzdem weg ist. Ich glaube, das trifft es ganz gut. Ich habe mir zwar viele Jahre Zeit gelassen, um den Schmerz deines Verlusts zu verarbeiten, aber anscheinend war es immer noch nicht genug.

Ich bin aus unserer Heimatstadt weggezogen und meide noch heute jede Veranstaltung, bei der du auch anwesend sein könntest. Warum also lässt du mich auch nach all den Jahren immer noch nicht los? Mittlerweile haben wir keine Berührungspunkte mehr und auch wenn du nur einen Tastendruck entfernt scheinst, bist du für mich unnahbar geworden.

Heute, sechs Jahre später, kann ich sagen: Ich habe das Vertrauen in Menschen verloren. Es erschreckt mich manchmal fast, dass es keinen einzigen Menschen mehr gibt, dem ich richtig vertraue.

Weißt du, mir hat im Leben nie wieder etwas so weh getan. Wahrscheinlich, weil ich einfach schon anfing, mit allem zu rechnen. Und ich habe wohl auch die Gewissheit, dass mir nie wieder etwas so weh tun wird wie dein Verlust. Ich schätze, dafür muss ich dir danken.

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