Du hast da was mitgenommen

Du hast mich getroffen wie ein Schlag, anders kann ich es nicht beschreiben. Da saßt du Sonntagabend allein im Restaurant, ganz in der Ecke. Viel zu stylish für die Provinz, viel zu cool für diesen Moment und ich kannte Dich nicht. Das war nicht möglich. Du könntest nicht von hier sein, sagte meine beste Freundin und lachte, als ich versucht habe, Dich mit meinem Blick anzuflirten. Sie kannte mich nicht flirtend, um genau zu sein, nicht mal ich selbst kannte mich flirtend.

Später lag ich allein auf der Couch und durchsuchte ganz Instagram nach Dir – und ich fand Dich. Und ich merkte, dass Du scheinbar doch von hier kamst und Dich alle kannten außer mir. Und genau in diesem Moment fragte mich eine Freundin in einer Textnachricht, ob ich etwa am Abend beim Italiener gewesen wäre. Du hättest sie gefragt, wer ich wohl sei.

Sechs Wochen später hattest Du Dich dann getraut, mich anzuschreiben. Ich bin eben die Prinzessin und mache nie den ersten Schritt. Nach ein paar Wochen Antesten folgte der große Abend unserer ersten Begegnung. Und welch ein Zufall: Aus meinem Traumjob war genau einen Tag vorher ein Alptraum geworden und ich wollte nur ganz viel trinken, um meine Sorgen lächelnd zu überspielen und da standest du. Zwischen einer Masse von Menschen kamst Du mir mit einem Lächeln entgegen. Wir sprachen nur wenige Sätze, bis du mich gefragt hast, ob wir tanzen gehen. Moment, dachte ich, ich rede doch eigentlich gar nicht mit fremden Jungs und dann auch noch tanzen … Was tue ich eigentlich hier? Was tust Du mit mir?

Wir gehen auf die Tanzfläche und alles, was ich sehe, bist Du. Wir lachen und haben Spaß und plötzlich fliegt Dein Arm um meine Hüfte und meine Hand ist an Deiner Wange und wir küssen uns. Den ganzen restlichen Abend kleben wir aneinander. Deine Freunde fahren uns nach Hause. Mich zur mir und Dich zu Dir. Du verabschiedest mich mit einem Kuss und sagst, Du würdest Dich morgen melden. Wo gibt es sowas noch? Ist das gerade ein Märchen?

Eine Woche später haben wir unser erstes Date, mein erstes Date seit fünf Jahren und dann noch bei mir zuhause. Ja, meine Mädels erklären mich alle für verrückt, aber bei mir zuhause ist es sonntagabends eben am entspanntesten. Du kommst eine Stunde zu spät und zur Entschuldigung bringst Du mir eine Burger King-Krone mit. Wir reden sechs Stunden am Stück und lachen so sehr, dass ich danach Muskelkater in den Wangen habe. Du bist so aufgeregt, dass Du nicht einmal ein Glas Wasser trinkst in der Zeit und mir auch nicht zu nahe kommst. Deine Worte, Deine Mimik und Gestik, Dein Verhalten mir gegenüber: Du machst alles so richtig, was jeder andere bei mir hätte nur falsch machen können.

Als ich die Tür hinter Dir schließe, wusste ich, Du hast es getroffen. Mein Herz. Du hast den Eisblock darum zerbrochen … Nach so vielen Jahren.

Die folgenden Wochen sind mein Märchen. Ich schmeiße meinen Job für Dich, ziehe zurück in die Heimat und wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt. Besuchen jede Woche eine andere Stadt, gehen shoppen und essen, wann wir wollen, liegen bei mir auf der Couch und lachen bis uns der Bauch schmerzt. Du bist mein wahr gewordener Traum, mein Märchen, mein Prinz. Kurz vor Weihnachten nimmst Du mich mit zur Feier Deiner Freunde und Kollegen. Danach fahren wir ein Wochenende weg. Nur wir beide und wir sind so glücklich. So glücklich, dass ich es nicht in Worte fassen kann.

Aber ein paar Wochen später meldet sich Deine Ex.


Weitere interessante Beiträge