Die Asche meiner Zigarette

Ich musste nur ein paar Wochen warten, bis du „Ich liebe dich“ zu mir gesagt hast. Ich war durcheinander, weil du es mir nach so kurzer Zeit schon gesagt hast und ich hatte auch manchmal ein schlechtes Gewissen, weil ich hin und wieder noch an meinen Ex-Freund denken musste.

Konnte ich dich so lieben wie ihn, fragte ich mich oft. Würde ich dich irgendwann enttäuschen, da du mir versprachst, für mich da zu sein? In den ersten Monaten hatte ich Angst, diejenige zu sein, die dich weniger liebt als du mich. Ich hatte Angst, dein Herz zu brechen, weil du so sensibel und empfindlich wirktest. Eines Abends fragtest du mich, ob ich dich irgendwann als deine große Liebe bezeichnen würde. Ich war verwundert über diese Frage und wusste keine genaue Antwort darauf. Ich lächelte dich an und sagte, warum denn nicht? In den ersten Monaten kann man nicht planen, wie groß die Liebe irgendwann mal sein wird. Aber weil du so liebevoll zu mir warst, schob ich alle meine Zweifel beiseite. Zu schön war es, mit dir auf der Couch zu liegen, für dich zu kochen oder mit dir bis spät in der Nacht am Küchentisch zu sitzen, zu reden und zu trinken. Ich fühlte mich ziemlich schnell sehr vertraut. Fast schon ein bisschen zu vertraut mit dir.

Nach knapp zwei Monaten hast du mir gesagt, dass du in den letzten zwölf Jahren noch nie so glücklich warst, wie mit mir und dass du dir Kinder mit mir vorstellen kannst. Ich fand das alles etwas schnell, aber ich freute mich. Ich freute mich, eine Person gefunden zu haben, die mich liebte und mit der alles möglich erschien. Vor allem, weil sich mein Ex-Freund nach mehreren Jahren keine Kinder gewünscht hatte. Ich fühlte mich endlich angekommen bei dir.

Doch deine glückliche Phase mit mir änderte sich plötzlich, von einem Tag auf den anderen. Du wurdest ruhiger, nachdenklicher, unnahbarer. Ich spürte, dass dich irgendwas beschäftigte, doch ich wusste nicht, was. Ich fragte nicht sofort nach, wollte nicht dramatisieren und tat deine Nachdenklichkeit als Stress ab. Wir buchten nach vier Monaten schon einen gemeinsamen Urlaub und ich freute mich sehr auf die gemeinsamen Ferien mit dir. Deine Nachdenklichkeit hielt jedoch an, aber ich wollte trotzdem erstmal den Urlaub abwarten.

Ich war mir deiner Liebe plötzlich nicht mehr ganz so sicher, aber wollte nicht wahrhaben, dass sie so schnell vorbei sein konnte. Nach dem Urlaub traf es mich jedoch wie ein Schlag ins Gesicht. Nach einem Streit schriebst du mir eine Nachricht, mit den vier schlimmsten Wörtern überhaupt: Es passt nicht mehr. So etwas Wichtiges über WhatsApp zu erfahren, das traf mich mit aller Wucht. Ich verstand die Welt nicht mehr und versuchte, mit dir zu sprechen. Ich flehte dich an, dir doch nochmal alles zu überlegen. Ich wollte unbedingt mit dir zusammenbleiben. Doch du schriebst, dass du es ernst meinst. Dass es auch nicht an dem Streit lag, sondern dass es nicht passt zwischen uns.

Ich überredete dich zu einem Treffen, um mit dir persönlich zu sprechen. Du warst kühl, distanziert, vollkommen verändert. Du sprachst von plötzlichen Angstzuständen und davon, dass du in den letzten Monaten nicht mehr glücklich warst. Dass du dir deiner Gefühle nicht mehr sicher bist und findest, dass wir zu unterschiedlich sind. Das hast du der Frau gesagt, der du vor zwei Monaten noch erzählt hattest, dass du so glücklich mit ihr bist wie noch nie zuvor mit einer Frau. Ich verstand die Welt nicht mehr. Trotzdem packte ich meine Sachen aus deiner Wohnung und blieb alleine zurück. Mit vielen Fragen und einem Herz, das sich anfühlte, als würde jeden Tag jemand ein Stück herausreißen.


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