Bitte, gib mich nicht auf!

Ich bin alleine und muss damit klarkommen, dass du mich nicht liebst. Auch wenn ich manchmal das Gefühl habe, dass du es tust. Denn wie ist es möglich, dass du mir tief in die Augen siehst, meine Hand hältst, mich zärtlich umarmst, ohne Liebe? Du löst in mir schöne Gefühle wie Geborgenheit aus, bringst mich zum Lachen, hörst mir zu und ich fühle mich in deiner Gegenwart glücklich, verstanden und ich vertraue dir.

Nur in dieser einen Sache traue ich dir nicht. Ich weiß, dass ich dich zwar habe, aber niemals ganz. Du bist nur beinahe da. Und du wirst niemals für mich da sein, wenn ich es erwarte, denn ich darf generell nichts erwarten. Ich darf mir nichts wünschen. Ich darf dich nicht brauchen.

Aber ich bin einfach nur ein kleines Mädchen, das geliebt und manchmal auch getröstet werden will. Keine Pseudo-Liebe, keine halbherzigen Geschichten mehr. Bitte gib mich nicht auf, auch wenn ich Erwartungen an dich habe. Bitte nicht. Denn ich wäre auch bereit, dich mit all deinen Schwächen zu akzeptieren. Oder? Ich weiß es nicht. Ich kann große Worte machen, bedeutungsschwere Versprechungen. Aber kann ich sie erfüllen? Ich weiß es nicht. Ich müsste es versuchen.

Aber eigentlich kann ich mir das alles auch sparen, denn: Du wirst niemals einen Versuch starten wollen. Wir spielen ein Spiel, es ist lustig, es ist leicht und es ist vor allem eines: unverbindlich. Die einzige Verbindlichkeit ist es, wenn ich heute merke, dass ich spontan Bock habe, dich zu sehen. Wir machen kurzfristig etwas aus und wir sind einigermaßen pünktlich zur selben Zeit am selben Ort – mehr Verbindlichkeit gibt es nicht. Und ob wir uns morgen, übermorgen oder nächste Woche sehen – das steht in den Sternen. Denn du hast keinen Anspruch auf mich und ich habe keinen auf dich.

Ansprüche und Erwartungen gehören nicht zu dem Spiel. Und das Gemeine ist, dass ich lieber dieses Spiel spiele, als dich überhaupt nicht zu sehen. Ist das nicht schön? So wirst du mich nicht verlieren, zumindest werde ich so lange verfügbar sein, bis du eine kennenlernst, mit der du nicht nur spielen willst. Vielleicht ist sie hübscher, netter, klüger, witziger und charmanter als ich. Vielleicht ist sie auch hässlicher, unfreundlicher, dümmer, witzloser und pragmatischer – wer weiß. Sie ist eben eines: anders. Und bei ihr hat es gefunkt. Da reicht die Leidenschaft dann plötzlich, damit du anfängst, um sie zu kämpfen, ihr deine Verbindlichkeit und deine völlige Hingabe zu schenken.


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