Anfangs gab es immer nur ihn

Doch meine große Liebe sah das anders, wollte sich nicht binden, wollte ein neues Leben beginnen und mich hinter sich lassen. In einem letzten Gespräch sagte er etwas sehr Treffendes, gar Poetisches: „Wir beide sind gefangen zwischen Abschied und Erinnerung.“ Und dann ging er. War weg. Und ich fühlte mich zurückgelassen in all den Erinnerungen, in unserer alten Heimatstadt, in der mich einfach alles an ihn erinnerte, an meine Sandkastenliebe, die meine große Liebe gewesen ist. Ich denke, ihm war das alles nicht bewusst, er lebte sein neues Leben – ohne mich.

Ich dagegen lebte einige Jahre nur so vor mich hin, hatte Liebschaften und doch hing ich meiner großen Liebe hinterher, legte mein Herz in Ketten und ließ niemanden an mich heran. Ich war unnahbar, tief traurig und einsam und glaubte nicht mehr an die Liebe, denn alles, was ich geben konnte: Er hatte es mit sich genommen. Und dann tauchte ER auf: ein alter Freund aus Kindertagen.

ER war nett und lieb – und dennoch reichte er nicht an meine große Liebe heran. Dieser “Nice Guy” ließ nicht locker, es war ein Kampf und ich weiß, ich war ein harter Brocken, zu tief steckte der Pfeil meiner großen Liebe in meinem Herz. Ich war nicht offen für etwas Neues, doch irgendwann konnte ich nicht mehr verleugnen, dass ich ihn gern hatte. Ich bin mit ihm zusammen gekommen, doch wenn ich ehrlich bin, habe ich ihn als Lückenbüßer gesehen.

Ich habe oft an meine erste große Liebe gedacht und gehofft, er würde vielleicht irgendwann wieder zu mir zurückkommen. Ich habe in den Anfängen meiner neuen Beziehung nur wenig Gefühle und Intimitäten zulassen können, es war schwer für mich, einen neuen Menschen an mich heran zu lassen. Ich weiß, es war hart für meinen neuen Freund und er hat bestimmt gemerkt, dass etwas nicht stimmte. Er wusste von meiner ersten großen Liebe und ich glaube, er wusste sogar, dass ich mich für den Anderen entscheiden würde, sollte dieser wieder in mein Leben treten. Er hat es akzeptiert und mir trotzdem gezeigt, wie gern er mich hat. Ich bewundere ihn heute noch dafür.


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