Allein mit meinen Gedanken und meiner Furcht

Ich sei das Highlight seines Tages, schreibt er, als das gegenseitige Interesse bestätigt wird. Wir schreiben uns schnell regelmäßig bei Tinder. Was sehr unkomfortabel ist. Dann bei Facebook. Auch nicht viel besser. Aber es passt. Wir haben gemeinsame Interessen, die gleiche Einstellung bei vielen Dingen. Bald schlage ich ein Treffen vor und wir verabreden uns. Doch er sagt das Treffen ab, weil ihm etwas dazwischengekommen ist. Das ist okay. Ein neues Treffen wird nicht vereinbart, obwohl ich klar schreibe, dass ich der Meinung bin, dass man jemanden erst wirklich kennenlernt, wenn man ihn persönlich trifft. Er hat so viel zu tun, teilt mir mit. Und dass er vielleicht gar nicht die Zeit für eine Beziehung hat. Aber wir schreiben mit kleineren Unterbrechungen weiter. Inzwischen seit bestimmt vier oder fünf Monaten.

Er hat vielleicht gar nicht die Zeit für eine Beziehung

Und dann ist da wieder meine Gedankenwelt. Die Gedanken sind laut, präsent. So viele. Und so verrückt. Ich bin ein Kopfmensch. Damit meine ich nicht, dass ich bei Entscheidungen auf meinen Verstand höre, im Gegenteil. Aber in meinem Kopf spielt sich so viel ab. Immer. Jederzeit. Und da es mir nicht guttut, an alte Liebschaften zu denken, denke ich an den Mann, der hinter dem Tinder-Profil steht. Ich kenne Fotos von ihm, er sieht sympathisch aus. Kein George Clooney, kein Brad Pitt. Wuschelige Haare, kleines Bäuchlein. Ich kenne seine Interessen. Weiß, wo er im letzten Monat seinen Urlaub verbracht hat. Und ganz schnell und unbewusst kommen die Gedanken, wie mein Name wohl mit seinem Nachnamen klingt. Wie meine Familie ihn finden würde. Wie es wäre, wenn wir den nächsten Abenteuerurlaub zusammen verbringen. Und wenn er mich zu einem Treffen mit seinen Freunden mitnehmen würde. Ich weiß, dass ich mir damit selber schade. Aber ich kann auch nicht aufhören.


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