Sollte man einen Seitensprung verzeihen?

Fremdgehen. Ein Drittel der Deutschen hat es bereits getan. Treu zu sein, fällt schwer. So schwer, dass man einen Seitensprung verzeihen muss? Nein!

Treue ist ein Ideal, an dem viele Personen scheitern. Etwa 30 Prozent der deutschen Männer geben an, eine frühere Partnerin schon einmal betrogen zu haben, bei den Frauen etwa 38 Prozent. Das hat eine bevölkerungsrepräsentative Parship-Studie zu Liebe und Partnerschaft ergeben.

Nicht jeder Seitensprung wird gebeichtet. Und nicht jeder Seitensprung wird zu einer Affäre. Während die Deutschen einen einmaligen Seitensprung überwiegend verzeihen könnten, bringt eine Affäre in der Regel das Beziehungsaus mit sich. Ein Verhältnis über eine längere Zeit bedeutet immer Lügen, Heimlichkeiten und Betrug und zerstört die Vertrauensbasis einer Partnerschaft.

Jeder Seitensprung ist immer eine Entscheidung gegen den Partner und die Beziehung

Viele Paare hoffen dann auf Hilfe durch Coaching, Paarberatung oder Therapie. Doch kann man tatsächlich einen Seitensprung verzeihen? Und sollte man einen Seitensprung überhaupt verzeihen?

Die Autorin und Therapeutin Dr. Beatrice Wagner sagt: „Ein Seitensprung ist zunächst einmal wahnsinnig verletzend. Aber er hat eine Ursache. Diese zu finden, kann bereichernd sein.”

Wir haben nachgefragt, welche Gründe Männer und Frauen fürs Fremdgehen angeben.

Die häufigsten Gründe für einen Seitensprung der Männer:

  1. Unbefriedigendes Liebesleben (48%)
  2. Mangelnde Aufmerksamkeit (44%)
  3. Die Partnerin lässt sich gehen (36%)
  4. Keine Kommunikation (35%)
  5. Kein zärtlicher Umgang (28%)
  6. Die Partnerin vermittelt das Gefühl unattraktiv zu sein (23%)
  7. Zu wenig Zeit füreinander (21%)
  8. Eine feuchtfröhliche Party (20%)
  9. Rache (17%)

Die häufigsten Gründe für einen Seitensprung der Frauen:

  1. Mangelnde Aufmerksamkeit (53%)
  2. Keine Kommunikation (45%)
  3. Der Partner lässt sich gehen (38%)
  4. Unbefriedigendes Liebesleben (36%)
  5. Der Partner vermittelt das Gefühl unattraktiv zu sein (33%)
  6. Kein zärtlicher Umgang (30%)
  7. Zu wenig Zeit füreinander (20%)
  8. Eine feuchtfröhliche Party (11%)
  9. Rache (14%)

Alles vielleicht nachvollziehbare Gründe. Wer immer wieder Rückweisung und Abweisung durch den Partner erlebt, verliert Selbstbewusstsein, den Glauben an die gemeinsame Zukunft und das Paar muss dauerhaft auf körperliche Intimität als wichtige Bindung verzichten. Doch sind solche Gründe nicht vielleicht doch nur Ausreden?

Glückliche Paare leben ihre Fantasien gemeinsam aus

Viele Paare sind sich über die Folgen von Zurückweisung nicht bewusst. In der Beratung begründet der untreue Partner seinen Seitensprung häufig mit dauerhafter, schmerzhafter Zurückweisung. Dahinter liegt oft der Gedanke: „Wenn du mich wirklich lieben würdest, würdest du gerne mit mir schlafen.” Und auf der anderen Seite: „Wenn du mich wirklich lieben würdest, würdest du respektieren, wenn ich keine Lust habe.”

Würden sich Paare in solchen Situationen anvertrauen und vielleicht ihre Wünsche und Fantasien austauschen, würden sie bemerken, dass sie viel mehr eint als trennt, dass die Bindung stark genug ist, die Komfortzone des kleinsten gemeinsamen Nenners zu verlassen und neue Erfahrungen zu machen, die eben nur vertrauten Paaren gelingt. Das ist eine riesige Chance.

Ein Blick auf die Gründe zeigt tatsächlich: Selten geht ein Partner fremd, der seine Beziehung als glücklich und die intime Zweisamkeit mit dem Liebsten als erfüllt betrachtet. Und hier muss wohl immer auch ein selbstkritischer Blick des Betrogenen ansetzen: „Was habe ich getan, um unsere Beziehung und unser Liebesleben glücklich zu gestalten?”

Aber muss ich deshalb einen Seitensprung verzeihen?

Nein, denn für einen Seitensprung ist natürlich zunächst die Person verantwortlich, die ihn begeht.

Sollte es mildernde Umstände geben, wenn ein Seitensprung gebeichtet wird?

Nun, die Beichte an sich ist keine Garantie für Absolution. Aber sie ist im besten Fall der Beginn einer Beziehungsarbeit, die beide Partner wachsen und ihre Konflikte lösen lässt.

Ist Treue denn überhaupt eine Lösung?

Als die Evolution das Liebesspiel erfunden hat, kam es noch ohne tiefe Gefühle aus. Menschen aber können Bindungen eingehen, die viel länger andauern als das Baby Unterstützung benötigt –ein Leben lang. Wenn sie denn möchten.

Möglichst großzügige Verteilung des Erbgutes ist nicht die Fortpflanzungsmethode, die heute das Überleben der Menschheit sichert. Es ist die Liebe, die Leben schafft und uns am Leben hält.


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