Liebes-Tipps für mein jüngeres Ich

Im Lauf der Jahre lernen wir alle dazu: Was wir mit 20 für Beziehungen getan haben oder als goldene Dating-Regel empfanden, sehen wir heute ganz anders

Wir haben nachgefragt, welche Tipps man seinem eigenen Ich geben würde, wenn man noch einmal jünger wäre oder sein jüngeres Ich durch eine Zeitreise in Liebesdingen beraten könnte.

“Mein Traummann? Ein Freak!” Verena, 34 Jahre

Als ich anfing, mich nach Männern für ernsthafte Beziehungen umzusehen, verfiel ich immer wieder ins gleiche Beuteschema: er sollte vogelfrei, wild, bunt, künstlerisch und möglichst außergewöhnlich ein. Ein echter Hingucker, gerne ein Freak. Lange Haare, lackierte Nägel, Bassist in einer Metal-Band? Je krasser desto besser, war mein Motto. Vielleicht auch, um als rebellischer Teenager meine Eltern zu schocken.

Heute weiß ich: Das passt nicht. Tief in mir drin bin ich ein kleiner “Spießer”: Ich will heiraten, Kinder und einen treuen Mann, der sich auch mal in einen Anzug wirft, wenn es drauf ankommt. Und ganz wichtig: Der nicht so eitel und auf sein Äußeres bedacht ist, dass er länger im Bad steht als ich. Einfach einen Mann, mit dem ich sowohl die Berge im Kapuzenpulli hochstapfen, als auch das kleine Schwarze fürs Theater anziehen kann, der sich beim Wandern im einsamen Gebirge keine Gedanken um seine Frisur macht und im Theater nicht von allen als Paradiesvogel angeglotzt wird.

“Nein, man muss nicht alles mit sich machen lassen!” Lena, 30 Jahre

In meinen ersten Beziehungen/Liebeleien habe ich gedacht, ich muss immer springen, wenn mein Liebster ruft. Ein Stück weit lag das natürlich daran, dass ich immer etwas ältere Freunde hatte, aber dennoch: Respekt sieht anders aus. Und den verschafft man sich auch nicht, wenn man immer das liebe Mäuschen ist, das wartet und dann auf Abruf bereit steht, wenn man es gerade braucht. Die wirklich absurdeste Geschichte war, als er mich mitten in der Nacht anrief als er gerade von einer Party nach Hause gekommen war und mich sehen wollte. Schlaftrunken bin ich zu ihm gefahren und habe geklingt. Doch leider war er schon eingeschlafen und hat tief und fest geschlummert, so dass ihn weder Handy noch Klingel wecken konnten. Ich bin dann wieder nach Hause gefahren und habe mich ernsthaft gefragt, warum ich das jetzt eigentlich gemacht habe.

Klar, wenn man sich dann sieht, hat man immer eine tolle Zeit und der Typ gibt einem das Gefühl die begehrenswerteste Frau auf der Welt zu sein. Doch was hilft das, wenn man danach wieder tagelang wartet, bis er sich meldet? Heute würde ich das nicht mehr machen, denn ich habe gelernt, was es heißt, eine gleichberechtigte, respektvolle Beziehung zu führen.

“Verantwortung übernehmen? Ja – aber nicht für alles, was schief läuft.” Klaus, 44 Jahre

In zwei früheren Beziehungen handelte ich extrem unterschiedlich: einmal selbstbewusst keinen Konflikt scheuend und ja, durchaus egoistisch – und danach genau entgegen gesetzt, also übervorsichtig konfliktvermeidend. Denn ich wollte keinesfalls in mein altes Verhalten zurückfallen. Dabei vergaß ich allerdings, was eigentlich mir gut tat. Der Grund war  sicher meine Unsicherheit. Ich wusste nicht was ich wollte, denn ich hatte keine leise Ahnung, was überhaupt möglich war. Meine Ehe heute ist eine befreiende Erfahrung, jeden Tag.

Meinem jüngeren Ich würde ich empfehlen, mehr Experimente zuzulassen, viele unterschiedliche Erfahrungen zu sammeln, um auf Probleme mit vielfältigen Strategien reagieren zu können. Vor allem würde ich nicht mehr für alles, was schief läuft in einer Beziehung die Verantwortung übernehmen. Jeder ist für sich selbst verantwortlich. Jeder kann selbst ja oder auch nein sagen.

“Nähe zulassen – erst dann fühlt es sich richtig an.” Andrea, 29 Jahre

Als junges Mädel war ich für Jungs echt eine harte Nuss. Alle waren sie mir zu uncool, zu unlustig, zu unintelligent: “Was, du willst mich hier einfach antanzen / ein Bier ausgeben / mit mir reden? Hast du dich mal angeschaut?” Auf Parties und in Clubs hab ich grundsätzlich allen die kalte Schulter gezeigt. Ich war schließlich dort, um mit meinen Freunden Spaß zu haben und nicht, um mich dumm anquatschen zu lassen. Umgekehrt bin ich dann oft bei den Typen abgeblitzt, die ich richtig toll fand. Blöde Situation. Warum das so war? Keine Ahnung. Vielleicht ein Schutzmechanismus, um nicht auf die Nase zu fallen? Aber gut funktioniert hat es eben überhaupt nicht.

Heute bin ich ganz anders, erst recht, seit ich mit meinem Freund zusammen bin. Ich hätte nie gedacht, dass ich auch so anhänglich sein kann (ohne zu klammern natürlich 😉 ). Meinem jüngeren Ich hätte ein bisschen mehr Offenheit und ein etwas niedrigeres Ross sicher auch ganz gut getan.

“Pfeif drauf! Wirf Regel 1, 2, 3 über Bord.” Sina, 32 Jahre

Mal zehn Jahre zurückgedacht und somit Anfang zwanzig, war für mich sonnenklar: Entweder müsste der Mann fürs Leben noch gebacken werden, oder ich würde unverheiratet und kinderlos, als einsame Jungfer enden. Der blanke Horror, wollte ich doch niiiiiemals wie meine Kindergärtnerin werden: Das ganze Leben allein, mit Hobby Häkeln und was die Klamotte betrifft „von einem nicht existierenden modischen Stern“. Doch, kein Mann schien mir bis dato passend und es wert zu sein für ihn meine Freiheit aufzugeben. Sich anbahnende Beziehungen endeten also stets, bevor sie richtig anfingen. Niemand tickte einfach genau so wie ich, sondern war oder machte irgendetwas anders und entsprach keiner meiner goldenen Dating-Regeln damals:

1. Charts? Nee! Er muss meinen Musikgeschmack haben
2. Ausbildung? Kein Abi? Ein absolviertes Studium ist das A und O
3. Fußball, Autos? Oh Gott! Seine Hobbies müssen meinen entsprechen

Ein Jahrzehnt älter und weiser und glücklich verheiratet würde ich mir als Anfang 20-Jährige unbedingt folgenden Tipp geben (schade, dass man das immer erst im Nachhinein bemerkt): „Pfeif drauf! Wirf Regel 1, 2, 3 über Bord.“ Schließlich kann es sehr bereichernd sein, Unterschiede kennenzulernen, mehr Ähnlichkeiten als gedacht zu entdecken und neue Gemeinsamkeiten zu entwickeln.


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