Mingle aus Überzeugung oder das Pippi-Langstrumpf-Prinzip

Von wegen unglücklich: Beziehungsstatus Mingle kann super sein, weiß Natalie Prinz. Und gibt Tipps, mit denen eine Halbbeziehung klappt

Neulich sprang mich an dieser Stelle die Überschrift eines Artikels an: „Nicht allein, aber auch nicht zusammen. Sind Sie ein Mingle?“ Bisher hatte ich meinen Beziehungsstatus auf Nachfragen mit ‚Es gibt da jemanden.‘ definiert. Jetzt weiss ich es besser: Ja, ich bin ein Mingle! Denn da ist seit sechs Jahren ein Mann in meinem Leben, eine klassische Beziehung aber will ich nicht. Die Betonung liegt auf WILL ich nicht. Weder mit ihm, noch mit einem anderen Mann. Das hat nichts mit Bindungsunfähigkeit zu tun. Auch nicht damit, dass da noch ein Besserer kommen oder ich mich nicht entscheiden könnte. Frustriert bin ich schon gar nicht. Ich bin einfach an einem Punkt in meinem Leben, an dem ich lieber ein Stück von der guten Torte will, als einen ganzen Sandkuchen.

Mein Mingle-Partner ist definitiv der humorvollste Mann, der mir je begegnet ist. Wir haben leidenschaftlichen Sex und viele gemeinsame Interessen. Jedes unserer Treffen ist etwas besonderes. Und wohldosiert! In unregelmäßigen Abständen: Mal innerhalb weniger Tage, mal liegen Wochen dazwischen. Und höchstens zwei Nächte am Stück. Wir haben uns ein einzigartiges Paralleluniversum geschaffen, romantische Tage am Meer inklusive. Wie lange würde ich wohl noch derart ins Schwärmen geraten, wenn die üblichen Alltagskonflikte und Diskussionen dazu kämen? Wir sind beide extrem genusssüchtig und wissen, dass sich das hohe Niveau, auf dem wir uns begegnen, nicht alle Tage halten lässt.

Ja, ich bin ein Mingle!

Dabei ist es nicht so, dass unsere Mingle-Beziehung keine Schwierigkeiten aushält. Wir sind beide Mitte Vierzig und die Liste der jeweiligen Macken entsprechend lang. Ich ärgere mich gelegentlich über meinen Mingle-Partner. Und denke: „Wenn ich Das Zuhause hätte, würde ich durchdrehen!“ Ich weiss, dass es ihm ähnlich geht. Je nach Tagesform oder Stärke des sexuellen Verlangens sehen wir gelassen über unangenehme Eigenschaften des Anderen hinweg. Oder ziehen uns für eine Weile voneinander zurück. Ein Rückzug kann manchmal Wochen dauern, ohne jeden Kontakt. Das Gefühl ‚Es gibt da jemanden‘ bleibt. Weil es nicht nur um Sex geht, sondern um Seelenverwandschaft. Als Freunde würde ich uns nicht bezeichnen.

Unsere Unverbindlichkeit ist sehr verbindlich. Wenn es einmal zu Ende gehen sollte, dann wird es eine Trennung sein wie bei klassischen Beziehungen auch und nicht einfach so auslaufen. Denn es ist Liebe mit im Spiel. „Ich liebe Dich“, einmal ausgesprochen, soll das Ende der Mingle-Beziehung bedeuten, las ich. Muss nicht! Im Laufe eines Telefonats ist es mir einmal laut und deutlich rausgerutscht und siehe da: Mein Mingle-Partner hat sich nicht heimlich aus dem Staub gemacht. „Ich Dich auch“, war die genuschelte Antwort.

Lieber ein Stück von der guten Torte, als den ganzen Sandkuchen!

An dieser Stelle muss ich gestehen: Es gibt da noch jemanden. Mingle-Beziehungen sind nicht exklusiv. Der Andere, das ist meine Affäre. Der Mann für die Wochen des Rückzugs von meinem Mingle-Partner. Einer, mit dem ich mich zwischendurch auch mal auf einen Kaffee treffe oder mit dem ich zu einer Party gehe. Ohne am Ende immer im Bett zu landen. Der Freund mit gewissen Vorzügen. Mein Mingle-Partner weiß von ihm. So wie ich von seinen anderen Frauen, seinen Affären weiß. Mingle-Beziehungen sind auf jeden Fall nur für Menschen geeignet, denen Eifersucht fremd ist. Die wissen wo sie stehen und was sie wollen.

Wo das alles hinführt? Die Frage stelle ich mir nicht. Nie! Wirklich! Ich bin nur darauf gespannt, wie sich mein Liebesleben in zehn Jahren gestaltet. Bis dahin mache ich mir die Welt, wie sie mir gefällt.

Tipps für die glückliche Mingle-Beziehung:

  • Mingle-Beziehungen entstehen meist aus Affären. Annoncieren Sie ruhig zu jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit, dass Sie auf der Suche nach einer solchen sind. Das Ergebnis ist erstaunlich. Und oft sehr belustigend!
  • Es war schön? Das können sie sich auch öfter vorstellen? Glückwunsch! Aber bitte schaffen Sie von Anfang an klare Verhältnisse. Sagen Sie in deutlichen Worten was Sie wollen und was nicht. Und bringen Sie Ihr Gegenüber dazu, dies auch zu tun.
  • Wenn mal was nicht so läuft wie sie sich das vielleicht vorstellen: Geschenkt. Fangen Sie bloß nicht an zu diskutieren. Überlegen Sie kurz und kühl ob Sie damit leben können. Wenn nicht: Ein kleines Päuschen schadet den meisten Mingle-Beziehungen nicht.
  • Sie sind sauer? – Rufen Sie Ihre Freundin an! Sie haben schlechte Laune? – Gehen Sie zum Sport! Sie brauchen jemanden, der Ihnen das Regal an der Wand anbringt? – Bezirzen Sie den Hausmeister! Aber rufen Sie nicht – niemals! – Ihren Mingle-Partner an! Eine Mingle-Beziehung endet da, wo der Alltag anfängt.
  • Sie haben schon länger nichts von Ihrem Mingle-Partner gehört? Oder selbst grad keine Lust ihn zu sehen? Das muss noch nicht das Ende sein. Eine der vielen guten Eigenschaften von Mingle-Beziehungen ist die verbindliche Unverbindlichkeit. Man lässt sich nicht einfach so stehen. Auch am Ende werden deutliche Worte stehen.

Sie sind glücklicher Mingle und trotzdem fehlt da noch was? Suchen Sie sich jemanden, der die Lücke schließt. Mingle-Beziehungen sind nicht exklusiv! Mehr geht immer. Erst wenn Sie die Namen verwechseln, sollten Sie sich Gedanken machen …


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