Geld oder Liebe? Warum Geld keine Rolle spielen sollte

Wenn der Mann weniger verdient als die Frau: Nicht nur die Umwelt reagiert darauf – immer noch – misstrauisch, auch manche Partnerin kommt nicht damit klar, wenn er von ihr finanziell abhängig ist. Wie eine Liebe beinahe zerbrochen wäre, schildert beziehungsweise-Autorin Birgit Ehrenberg

Das perfekte Match! Dieser Gedanke schoss Lisa durch den Kopf, als sie nach ihrem ersten Date mit Paul allein in ihrem Bett lag und den Abend mit ihm vor ihrem geistigen Auge Revue passieren ließ. Pauls Aussehen, seine Art, einfach unwiderstehlich. Ein Ausnahmemann in jeder Hinsicht, attraktiv, klug und lustig, unkonventionell, trotzdem höflich und zuvorkommend, ein Gentleman. Überhaupt ein Mann, ein männlicher Mann, wo findet man die heute noch, dachte Lisa. Und einer, der Lust auf Bindung hat, mit allem Drum und Dran – Ehe, Kinder, das ganze Programm. Paul will das. Das strahlt er aus.

Wie hat sich Lisa danach gesehnt, wie viele Männer hat sie in den letzten Jahren kennengelernt, die sich vor einer festen Beziehung gedrückt haben, denen quasi kurz vor Toresschluss der Mut zum Commitment fehlte. Fehlte bei Paul etwas? Was genau seine beruflichen Perspektiven und Ziele sind, hat Lisa nicht verstanden, denn über den Job haben sie kaum gesprochen. Es gab einfach andere Themen. Er schreibe, hat Paul gesagt. Er habe schon ein Buch veröffentlicht. Kann man damit Geld verdienen? Egal, das ist der Richtige, dachte Lisa kurz vom Einschlafen und wachte am nächsten Tag genauso selig auf, wie sie eingeschlafen war.

Lisa hatte sich nicht getäuscht, Paul ist tatsächlich „der Richtige“, sie hat ihn gleich am nächsten Tag wieder getroffen, dieses Mal ist sie nicht allein ins Bett gegangen, die beiden haben eine wunderbare Nacht zusammen verbracht, die erste von zahlreichen, jede einzelne davon unvergleichlich schön. Und Paul ist seitdem bei Lisa geblieben. Knapp ein Jahr ist das her. Lisa ist erfolgreiche Anwältin, sie hat eine Eigentumswohnung, die ist groß genug für zwei.

„Ich müsste wunschlos glücklich sein, ich bin es nicht“

Lisa ist im siebten Himmel, all das, was sie sich von Paul versprochen hat, ist wahr geworden. „Das habe ich noch mit keinem Mann erlebt, dass nicht nur in der Phantasie, sondern im wirklichen Leben alles stimmt. Keine Angst vor Nähe, aber auch, wenn ich etwas allein unternehmen möchte, kein Druck, kein Gejammer. Keine Langeweile in den Gesprächen, eine wirklich erfüllte Sexualität, ein Liebesleben, das den Namen verdient, seelisch, geistig, körperlich. Paul ist ein Geschenk. Und ich hatte schon Sorge, dass ich bald zu diesen Frauen gehöre, die Single bleiben, die mit ihrer Arbeit verheiratet sind. Ich müsste wunschlos glücklich sein. Ich bin es nicht.“


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