Meine Träume waren mir wichtiger als meine Beziehung

Unsere anonyme Autorin fühlte sich schon längere Zeit unwohl in ihrer Beziehung. Jetzt hat sie sich getrennt, um endlich jene Lebensträume zu leben, die sie jahrelang begraben hatte

Diese Geschichte könnte auch folgenden Titel haben: „Eine Egoistin packt aus“. Denn das bin ich wohl: eine verdammte Egoistin, die ihre Lebensträume nicht ewig für ihre Beziehung opfern wollte.

Vor ein paar Tagen habe ich mich von meinem langjährigen Freund getrennt. Ich hatte ihn in seiner WG besucht. Jene WG, die er seit mindestens zwei Jahren am liebsten gegen eine gemeinsame Wohnung mit mir eingetauscht hätte. Aber ich hatte das nicht gewollt, so als hätte ich tief in mir schon lange gewusst, dass das mit uns eines Tages vorbei sein würde. Und so ist es dann ja auch gekommen.

Wir saßen auf seinem Bett, nebenan hörte einer seiner Mitbewohner Metal. Das passte ganz gut. Nachdem mein Freund mindestens fünfmal gefragt hatte, was mit mir los sei, erzählte ich es ihm und er fiel aus allen Wolken. Er verstand es nicht. Er verstand nicht, warum ich mich trennen wollte. Er verstand nicht, warum ich dabei so nüchtern war. Er verstand nicht, dass der Wunsch, mich von ihm zu trennen, schon lange Zeit in mir gewachsen war wie Unkraut, das sich ausbreitet und irgendwann alles überwuchert. Er verstand nicht, dass ich gleich aufstehen und gehen und niemals wieder zurückkommen würde.

Warum? Fragte er immer wieder – und ich starrte durchs Fenster auf den abendlichen Trubel draußen auf der Straße.

Ich traute mich nicht, die Wahrheit auszusprechen

Ich gab ihm Gründe, aber ich traute mich nicht, die volle, nackte, ungeschminkte Wahrheit auszusprechen. Die Wahrheit, die so hart ist, dass sie ihn schlimm verletzt hätte. Noch schlimmer als ohnehin schon.

Die Wahrheit ist: Mein Freund und meine Beziehung mit ihm hatten mich eingeschläfert. Mein Freund zwackte mir Lebensenergie ab. Er bezog aus unserer Beziehung seinen ganzen Sinn. Und mit „ganz“ meine ich ganz. Er lebte nach dem Prinzip: wir zwei gegen den Rest der Welt. Wir brauchen niemanden sonst. Unsere Beziehung ist das Schönste, was es gibt. Sie kann einfach für immer so weiterlaufen und alle sind glücklich.

Aber so fühlte ich eben nicht.

Mein Freund hatte und hat viele Qualitäten. Er ist so warm, so herzlich. So fürsorglich und aufmerksam. So nachgiebig und zuverlässig. So hübsch. So engagiert.

Er klebte an mir

Er machte mich zu einer Göttin, die ich nicht bin.

Er übersah, dass ich einfach nur ein erwachsenes Mädel bin, das sich selbst noch sucht. Das Ängste und Sorgen hat, das Ekstase liebt und Abenteuer. Das Neues erfahren will. Voller Neugier, Sehnsucht und Wanderlust.


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