Das kleine Alltagswunder „Dankbarkeit“

Helena Muhm und ihr Freund haben für uns jeden Tag drei Dinge aufgeschrieben, für die sie einander dankbar sind. Zwei Wochen lang. Das Beziehungsexperiment gegen große und kleine Selbstverständlichkeiten …

Sind wir in einer Beziehung, möchten wir unseren Schatz glücklich sehen und auch gern der Ursprung des Glücks sein. Deshalb tun wir vieles dafür: Wir stehen mit unserem Lieblingsmenschen auf, obwohl wir noch länger schlafen könnten. Wir kochen ihm Kaffee, obwohl dieser das auch selbst tun könnte. Wir schicken ab und zu ein Kuss-Smiley, weil wir wissen, dass diese kleine Geste unserem Lieblingsmenschen ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Doch nimmt der andere diese Dinge überhaupt (noch) bewusst war? Nimmt er / sie es nach mehreren Monaten oder sogar Jahren vielleicht als selbstverständlich hin? Und wie sieht es in uns selbst aus? Wofür sind wir unserem Lieblingsmenschen eigentlich dankbar?

Als beziehungsweise mit der Idee auf uns zukam, das Dankbarkeitsexperiment auszuprobieren, war ich sofort begeistert. Es kann sich doch schließlich nur positiv auf die Beziehung auswirken, wenn beide Partner sich der Dinge bewusst werden, für die sie einander dankbar sind. Mein Freund sah das Ganze eher aus der pragmatischen, nicht allzu rosaroten Perspektive: Er hatte die Befürchtung, das Experiment könne fürchterlich schief gehen, falls wir uns die Dankbarkeitslisten am Ende gegenseitig vorlesen würden. Wäre insbesondere seine Freundin, also ich, nicht tödlich beleidigt, wenn er bestimmte Verhaltensweisen ihrerseits nicht wahrnehmen würde?

Anfangs war es für uns beide ziemlich ungewohnt, dass wir uns hinsetzen und bewusst darüber nachdenken sollten, wofür wir dem anderen dankbar sind. Ist das, was wir in bestimmten Situationen empfinden, wirklich Dankbarkeit oder einfach nur Freude? Bin ich dem anderen dankbar, dass er mich zu meiner Familie begleitet oder freue ich mich „nur“ darüber? Für viele ist so etwas schlichtweg eine Selbstverständlichkeit. Das alles zu unterscheiden, fiel uns beiden oftmals schwer. Ich empfand es dennoch als förderlich für die Beziehung und schrieb die großen und kleinen Danksagungen an meinen Freund gern auf. Mein Freund brauchte seine Zeit, sich an das Experiment heranzutasten. Am Ende hatten wir aber doch beide 14 Tage lang jeweils drei Dinge notiert.


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