Spiritualität, Schrebergarten, Familie und Ehe

Was wünschen sich Männer und Frauen? Wir haben mit Evelyn Holst und York Pijahn über Geschlechtsunterschiede und ihr Buch “Oh Boy, oh Girl!” gesprochen

Eric Hegmann: Wie kann es sein, dass doch so viele Frauen und Männer jedes Jahr heiraten, wo sie eigentlich gar nicht zusammen passen?

Evelyn Holst: Weil bekanntlich die Hoffnung zuletzt stirbt und Ausnahmen die Regel bestätigen. Und weil Tinder und One Night Stands auf Dauer öde und anstrengend sind. Außerdem möchte man Kinder und ein Ehemann ist irgendwie netter als eine Samenbank.

York Pijahn: Ich glaube erstmal, dass es nicht stimmt, dass Frauen und Männer nicht zueinander passen. Ich glaube, wir suchen das Bekannte in Variante, also den vertrauten Fremden, auch wenn das etwas schwurbelig klingt. Und die Ehe? Ich glaube, dass 2016 alles begehrt ist, was in einer instabilen Welt Stabilität bringt: Spiritualität, einen Schrebergarten haben, Familie, die Ehe. Alles Dinge, die der Zeitgeist abmoderiert hatte und die jetzt ein Comeback erfahren, weil um uns herum alles so in Bewegung ist.

Was braucht es, damit Frauen und Männer Freunde sein können?

Evelyn Holst: Ganz einfach. Freundschaft zwischen Mann und Frau ist nur möglich, wenn sie als Bettpartner noch nie oder nicht mehr in Frage kommen.

York Pijahn: Das sehe ich anders – Männer können auch mit Frauen befreundet sein, die hübsch und eine Aura von Anziehung haben. Männer und Frauen können ja auch bei der Arbeit sowas wie, ich sage das jetzt ganz vorsichtig, neugierige Anziehung füreinander empfinden und das kann Energie erzeugen, ohne dass man miteinander Sex im Kantinenflur hat.

In welchen Liebesdingen unterscheiden sich Frauen und Männer nach Ihren Recherchen und Erfahrungen denn ganz besonders?

Evelyn Holst: Männer kuscheln ungern. Und der Satz – Lass uns über unsere Beziehung reden – klingt in Männerohren schlimmer als – Leider müssen wir die Wurzelbehandlung diesmal ohne Narkose machen.

Wo bräuchte es mehr Verständnis zwischen den Geschlechtern, dass Unterschiede ja auch Ergänzungen sein können?

Evelyn Holst: In der Kommunikation können wir von Männern lernen, dass endloses Gelaber über Beziehungen einfach nur anstrengend ist. Und wir Frauen in Gelddingen viel zu schüchtern sind.

York Pijahn: Da hat Evelyn vollkommen recht.

Was würden Sie tun, könnten (oder müssten) Sie für einen Tag die Geschlechter tauschen?

Evelyn Holst: Ich hätte sehr gern mal Sex als Mann.

York Pijahn: Das Großmaul in mir möchte antworten, dass ich die Nacht in einer Lesbendisko verbringen würde, aber sehr viel wahrscheinlicher ist, dass meine Brüste und ich uns einen Oben-ohne-Abend auf dem Sofa machen würden.

Evolutionspsychologen und -Biologen haben viele spannende Erklärungen für unterschiedliche Verhaltensweisen der Geschlechter. Welche finden Sie ganz besonders doof? Und welche durchaus nachvollziehbar?

York Pijahn: Ich mag, dass das Thema erforscht ist, mag aber gleichzeitig nicht, dass die Parameter meines Lebens bereits ausgemessen zu sein scheinen. Was ich sagen will: Ich glaube, dass wir am Ende, egal was die Wissenschaft zur Partnerwahl sagt, am Ende immer doch das machen und machen sollten, was unser Herz uns empfiehlt und wenn das ein viel älterer, komisch aussehender, ungebildeter oder sonstwie erstmal unpassender Partner ist, dann Scheiß drauf. In die Kategorie: „Echte Groß-Erkenntnis“ fiel für mich unser Kapitel über Jungs und Mädchen in der Pubertät. Darin geht es darum, dass bei den ersten Menschen, die in kleinen Gruppen durch Afrika vagabundierten die Pubertierenden die Leader und Chefs waren, denn sie waren begeisterungsfähig, ein bisschen irre, unangepasst, echte Rock n` Roller. Heute ist ein Pubertierender ein Nervensägen-Sackgesicht, früher war er der King, weil er ein mutiger Querdenker war, das find ich spannend.

Würden Sie lieber das nächste Buch alleine schreiben?

Evelyn Holst: York Pijahn war ein wunderbarer Schreibpartner, mit dem ich jederzeit wieder ein Buch schreiben würde. Leider ist er gerade zum zweiten Mal Vater geworden und arbeitet an einer neuen Zeitschrift, hat also überhaupt keine Zeit.

York Pijahn: Ich würde das nächste Buch gern allein schreiben, denn Evelyn ist faul, hat keine Ahnung, klaut und frisst kleine Kinder. Gacker Gacker. Ernsthaft: Für mich ist ein Schreibpartner super, ich bin auf mich allein gestellt träge, klebe komisch am Computer fest und bin entweder verzweifelt oder überbegeistert, was meine Text betrifft, da braucht es jemanden wie Evelyn, der einfach klar in der Birne ist und in allen Bereichen ein unheimlich cooler Hund. Außerdem kennt sie sich wirklich – und wer tut das schon – mit Männern und Frauen aus.

Oh boy oh girl_Cover Oh Boy, oh Girl!
Evelyn Holst und York Pijahn
ISBN: 978-3-442-17584-0
Verlag: Goldmann

 


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