Warum Monogamie ein Erfolgskonzept ist

Neue Beziehungsmodelle hin oder her – Liebe aufteilen kommt für die meisten Menschen nicht in Frage. Und neue Forschung bestätigt sie, denn Monogamie ist demnach ein evolutionäres Erfolgsprogramm

Wir wissen, die meisten unserer Leserinnen und Leser wünschen sich – wie übrigens nach Umfragen die deutliche Mehrheit der Deutschen – die eine Liebe, die das ganze Leben hält. Der Wunsch nach Monogamie ist Ausdruck der Hoffnung (und das Vertrauen), ich will für meinen Partner der/die Einzige sein.

Dagegen steht die These: Leidenschaft in einer Zweierbeziehung lässt irgendwann nach. Vor einigen Jahren war das Stichwort “serielle Monogamie” ein großes Thema. Danach sind wir unseren Partnern treu, aber nur für einige Jahre. Ist die Leidenschaft weg, wird die Beziehung aufgelöst und eine neue eingegangen – ebenfalls monogam. Aber nicht ein Leben lang.

Je jünger die Befragten umso romantischer klingen die Antworten. Paarberater nennen diesen Wunsch das AMEFI-Prinzip: Alles Mit Einem Für Immer.

Mit zunehmendem Alter wird die Bereitschaft, Kompromisse im Schlafzimmer einzugehen, geringer. Wenn im Liebesleben Flaute herrscht, wird es Zeit, nach Neuem zu suchen. Die Lebenserfahrung zeigt ja, man kann mehrmals im Leben lieben. Und man kann sich einfach nie sicher sein, welche Veränderung auf einen zukommt. Gewiss ist nur: es kommt anders, als geplant.

Häufig heißt es, eine offene Beziehung könne Paaren helfen, eine leidenschaftslose Beziehung wieder aufregender zu machen. Dabei leben aber doch die erfolgreichen Paare ihre Fantasien gemeinsam aus. Tatsächlich ist es so, dass Paare, die in der Beratung klagen, sie hätten kaum noch Initimität, dennoch Lust haben. Aber eben wenig Lust aufeinander.

Warum gehen Menschen fremd? Der Grund könnte das evolutionäre Programm sein, das eine möglichst große Mischung von Erbinformationen für die Spezies überlebensnotwendig hält, um beispielsweise auf Erreger reagieren zu können. Doch die Evolution ist ja noch nicht zu Ende. Es gibt durchaus Stimmen, die sagen Monogamie als evolutionäres Programm wird sich durchsetzen, denn es befriedigt den Wunsch nach Sicherheit und Geborgenheit für die Eltern – und die Kinder.

Egal was in den 60ern alles ausprobiert wurde: Fragt man Singles gibt es zu Treue keine Alternative und Untreue ist für viele Paare ein Trennungsanlass. Einzig die Langzeitpaare sagen: Monogamie ist schön – aber es gibt wichtigere Faktoren für eine Beziehung. Es ist vermutlich kein Zufall, dass Paare, die sich gegenseitig Freiheiten erlauben, in der Regel die 30 bereits überschritten haben. “Ich gehe nicht fremd – ich gehe bekannt”, heißt es, wenn sich die Partner an Absprachen halten. Und nahezu jeder wird Jahrzehnte gemeinsamer Erfahrungen und gegenseitiger Veranwortung höher bewerten als ein paar Stunden Spaß.

Forscherin Laura Fortunato von der University College nennt die monogame Beziehung eine Win-Win-Situation und hält sie für das Konzept, das sich durchsetzen wird. Heute halten Ehen übrigens tatsächlich wieder länger, zumindest statistisch einige Monate mehr als noch vor zehn Jahren. Das macht auch den Romantikern Hoffnung. Doch auch die dürfen nicht vergessen, dass die Liebesheirat und das AMEFI-Prinzip neue gesellschaftliche Ideen sind. An ihren hohen Ansprüchen scheitern viele Paare, die sich in bestem Wissen und Gewissen lebenslange Zuneigung versprochen hatten. Paare, die “unsterblich” verliebt waren – vielleicht mal schwach, aber wer wäre das nicht? Und davon abgesehen, in vielen Regionen der Welt sind Ehen mit mehr als zwei Personen Standard. Es ist leicht, den vertrauten Kulturkreis für “weiter entwickelt” zu halten. Es ist aber auch ziemlich arrogant, die eigene Idee vom Glück so zu idealisieren, dass man andere Wege, Liebe zu leben, pauschal als “rückständig” abwertet und andere Menschen mit dem eigenen Lebensziel beglücken will. Als ob sich Liebe und Glück von anderen Menschen von Außen bewerten ließe. Umgekehrt würde man sich das verbitten.

Dennoch ist der Wunsch nach Bindung ebenso in uns fest verankert wie das Bedürfnis nach Spiegelung von sich selbst in einer anderen Person. Muss das aber in einer Person lebenslang sein? Vermutlich nicht. Und manchmal ist das gut so, denn beispielsweise nach Verlust dieses geliebten Wesens muss es möglich sein, neu Liebe zu erfahren. Vielleicht wird Eifersucht zu Unrecht romantisiert, denn Liebe sollte kein Kontrollbedürfnis kennen. Wer nicht monogam lebt, stellt diesen Egoismus in Frage.

Aber zur Bindungshaltung gehört nun auch, dass wir uns unwohl fühlen, wenn die geliebte Person nicht anwesend ist oder wir uns ihrer unsicher werden. Bindungshormone sorgen ja dafür, dass wir uns nahe fühlen und Nähe erleben möchten. Das kann man Abhängigkeit wie John Bowley nennen oder Eifersucht wie die meisten Menschen – der Wunsch, der Einzige zu sein, ist Bestandteil der täglichen Liebe, wie die meisten Beziehungen hierzulande sie leben.

Entscheidend fürs Liebesglück ist, was beide Partner für gut empfinden. Eine Bewertung von Außen verbietet sich sowieso. Und so läuft es auf Ehrlichkeit und Vertrauen hinaus. Wer sagt, meiner Beziehung tut es gut, wenn mein Partner und/oder ich auch außerhalb Erfahrungen machen dürfen, dann ist dies eine Absprache unter erwachsenen Menschen.

Wer Monogamie möchte, sollte sie bekommen – und einen Partner wählen, der das ebenso sieht.


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